Smartphone-Lauschangriff? Die Wahrheit hinter dem Mythos
Hört unser Smartphone zu? Es ist eine weit verbreitete Fehlinformation, dass die Smartphone-Mikrofone ständig aktiv sind. Wo und wann entstand dieser Irrglaube?
Es ist ein grosser Irrglaube, dass die Mikrofone unserer Smartphones ständig aktiv sind, um unsere Daten an Werbetreibende zu verkaufen. Diese «falsche Wahrheit» beruht auf einer ebenso falschen «Information».
Woher kommt dieser – weltumspannende – Mythos? Wie ist diese Fehlannahme, die nicht erst seit gestern besteht, entstanden?
Die Ursprünge des «Lauschangriffs»
Ein Fernsehsender im amerikanischen Tampa Bay (News Channel 8) strahlte am 23. Mai 2016 einen Beitrag aus, in dem geäussert wurde: «Sei vorsichtig mit dem, was du in Anwesenheit deines Telefons sagst» und «Facebook hört dich ab und belauscht dein Mobiltelefon».
Dieser Artikel berief sich auf Kelli Burns, Professorin für Kommunikation an der University of South Florida. Wie sich später herausstellte, hatte sie nie gesagt, dass Facebook uns abhört: Medien hatten das falsch dargestellt und quasi eine eigene Wahrheit produziert.
Burns erklärte später, sie habe statt «zuhören» das Wort «beobachten» gesagt. Vorausgegangen war dem ganzen ein Test, für den Burns Facebook Zugriff auf das Handy-Mikrofon erlaubt hatte.
Warum im Jahr 2016?
Der Irrglaube entstand also durch ein Missverständnis, und es ist kein Zufall, dass dies im Jahr 2016 geschah. Genau in diesem Jahr nämlich hob Facebook seine zielgerichtete, personalisierte Werbung auf ein neues Level.
Im August desselben Jahres berichtete die «Washington Post», dass Facebook plötzlich 98 neue persönliche Datenpunkte für Werbetreibende anbot. Dazu gehörten Alter, Geschlecht und Wohnort des Nutzers.
Doch diese Daten wurden zu Werbezwecken missbraucht. Und die Auswirkungen dieses Datenklaus erwiesen sich als verheerend.
Ein Mythos setzt sich fest – und fort
Obwohl klar ist, dass Smartphones uns nicht abhorchen können, wurde dieser Glaube weiter genährt. Dazu trugen vor allem reisserische Artikel und eine fragwürdige TV-Berichterstattung bei.
Aber warum hält sich dieser Mythos bis heute (wir haben immerhin 2024) so hartnäckig? Die Antwort liegt wohl darin begründet, dass er sich einfach wahr anfühlt.
Wir erhalten auf Facebook und Google sehr gezielte Werbung, aber nicht, weil unser Handy uns belauscht. Es ist wahrscheinlicher, dass wir mehr Informationen in unsere Telefone eingeben, als wir denken.
Werbetreibende erhalten genug Informationen – durch uns selber
Vielleicht haben wir über Ferien in Frankreich gesprochen und dann kurz die Preise für Flüge oder Hotels gegoogelt.
Oder wir haben Siri gefragt, welche Wanderungen auf Malta am besten, welche Sightseeing-Highlights in Mailand am schönsten sind?
All diese Daten nutzen Werbetreibende – sie brauchen also gar nicht unser Mikrofon.