Echt oder nicht? Deepfakes auf dem Vormarsch
Können wir unseren Augen überhaupt noch trauen? Täuschend echt manipulierte Videos, sogenannte Deepfakes, sind bereits heute Realität.
Erinnern Sie sich an die Videos, in denen ein angeblicher Tom Cruise Golf spielte? Oder Ex-Präsident Obama sich in ungewohnt salopper Sprache an das amerikanische Volk wandte?
Alles bloss ein unheimlicher Schwindel: Die Videos waren manipuliert – es handelte sich um sogenannte «Deepfakes».
Der Ausdruck «Deepfake» bezeichnet manipulierte Medieninhalte, bei denen mithilfe von künstlicher Intelligenz Gesichter oder Stimmen in Videos oder Audios realistisch verändert werden.
Deepfake: Gefahr oder bloss harmlose Spielerei?
Die Deepfake-Videos verfehlten ihren Zweck nicht und gingen innert kürzester Zeit viral. Dahinter steckte aber eine ernste Absicht.
Der belgische Spezialeffekte-Künstler Chris Umé wollte mit seinen Tom-Cruise-Videos auf die potenziellen Gefahren hinweisen, die durch den missbräuchlichen Einsatz künstlicher Intelligenz entstehen könnten.
Auch das BuzzFeed-Video mit dem angeblichen Barack Obama hatte zum Ziel, auf die technischen Möglichkeiten, Videos zu manipulieren, aufmerksam machen.
Die App, die Tote zum Leben erweckt
Auf den ersten Blick ins Reich der Spielerei gehört Deep Nostalgia. Mit der App des israelischen Unternehmens MyHeritage lassen sich Fotos animieren und so verstorbene Familienmitglieder quasi digital zum Leben erwecken.
Doch schaut man genauer hin, kriegt die Spielerei einen faden Beigeschmack. Denn das Unternehmen speichert Daten von Millionen Nutzern.
Einerseits haufenweise Bildmaterial und Daten zur Gesichtserkennung, andererseits aus dem Haupterwerbszweig die genetischen Daten der DNA-Tests. Ein lohnenswertes Ziel für Datendiebstahl.
Digitale Doppelgänger – Segen oder Fluch?
Bruce Willis hingegen hat die Technologie aus einem traurigen Grund für sich entdeckt: Der Schauspieler leidet unter einer neurologischen Störung, die seine Sprache beeinträchtigt.
In einem Werbespot war 2022 der digitale Zwilling des Schauspielers zu sehen. Auf den ersten Blick mag es cool erscheinen, dass wir weitere Auftritte dieser Hollywood-Legende erleben dürfen.
Doch der Schein trügt: Die Auswirkungen sind komplexer und stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Filmindustrie, das Marketing und unsere Gesellschaft dar. Die Gefahr liegt in der Unfähigkeit vieler Menschen, Realität von virtueller Fiktion zu unterscheiden.
Die neue Generation von Kriminellen
Das öffnet Tür und Tor für Fake News auf einem bisher unbekannten Niveau. Bereits jetzt gibt es Betrüger, die Deepfakes nutzen, um sich als Krypto-Manager auszugeben und Geld zu stehlen, ein weiteres Problem ist pornografisches Videomaterial mit manipulierten Gesichtern.
Komplett gefälschte Aussagen von Politikern, täuschend echte Regierungsankündigungen? Deepfake-Influencer, die 100 Prozent gefälschte Produkte oder Dienstleistungen bewerben: alles schon möglich.
Unsere Demokratien sind bereits heute durch Online-Mobbing und Fake News bedroht. In wenigen Jahren könnte künstliche Intelligenz jedoch jedem zugänglich sein – und jeder zum potenziellen Produzenten von Deepfakes werden.
Schutz der Verbraucher: Eine Herausforderung für alle
Wie so oft ist nicht die Technologie an sich das Problem – sondern der Mensch, der sie missbräuchlich einsetzt. Und ebenfalls wie so oft hinken wir als Gesellschaft hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen hinterher.
Verbraucherschutzverbände, Unternehmen sowie staatliche Stellen müssen daher jetzt zusammenarbeiten, um klare Verhältnisse zu schaffen. So soll sichergestellt werden, dass Technologie ethisch korrekt und verantwortungsvoll genutzt wird.
Doch dort hört es nicht auf. Auch wir sind in der Verantwortung, kritisch zu hinterfragen, was wir sehen und hören. Ganz gemäss der Botschaft im Obama-Video: «Stay woke, bitches!»